Oracle hat das Prinzip der Communities offenbar noch nicht so richtig verstanden. Im Heise-Online-Artikel "LibreOffice-Macher sollen OpenOffice-Rat verlassen" kann man nachlesen, dass Oracle diejenigen los werden möchte, die auch bei LibreOffice mitmachen.

Die meisten anderen Firmen hätten hier vermutlich die Flucht nach vorne angetreten und versucht den neuen Fork zu umarmen. Oder wenigstens wichtige Mitarbeiter als Brücke zu behalten, um die Interoperabilität zu gewähren und durch den Ideenaustausch eine gegenseitige Befruchtung zu ermöglichen. Damit hätte Oracle auch gleich verlorenes Vertrauen gut machen machen können. Oracle denkt aber in Konkurrenz bzw. Wettbewerb und vergrault die Community damit noch mehr. Das verstehe ich einfach nicht.

Wer die grundsätzliche Art der Softwareentwicklung in einer Open-Source-Community verstehen will, dem empfehle ich den Klassiker auf dem Gebiet "The Cathedral and the Bazaar". Inzwischen ist man freilich schon wieder etwas weiter, aber die grundsätzlichen Regeln gelten immer noch: die (zeitweilige) Vielfalt der Entwicklungslinien ermöglicht eine breitere Akzeptanz. Die Ideen werden teilweise parallel erprobt, erhalten unmittelbares Feedback durch Beteiligung der "Kunden" während der Entwicklung, aber nicht Linien alle setzen sich durch. Das ist wie bei einem Basar bei dem alles bunt durcheinander zu gehen scheint und viele Dinge gleichzeitig und weitgehend unkoordiniert passieren. Beim Bau einer Kathedrale hingegen gibt es Architekten und genaue Pläne. Deswegen wird eine Kathedralensoftware auch irgendwann mal fertig, während Basar-Software nie fertig ist, sondern in kleineren Schritten immer weiter entwickelt wird.

Mittlerweile bauen aber immer weniger Firmen nach dem Kathedralenmodell Software. Dank agiler Vorgehensmodelle (z.B. Scrum) können einige gute Ansätze aus dem Basarmodell auch von Entwicklern in "proprietären" Softwareschmieden eingesetzt werden. Der damit einhergehende Verständniswandel von Softwareentwicklung und Beteiligten ist aber in den Köpfen der Oracle-Manager offenbar noch nicht angekommen…