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Bedenkliches aus dem IT-Alltag

11. August 2006 um 22:20

Vorprogrammierter Ärger: Lizenzstreit

Wenn man eine Software "einkauft" und bei den Lizenzmodalitäten nicht höllisch aufpasst, dann gibt es totsicher am Ende Ärger. Im dem bei Bei silicon.de beschriebenen Fall wurde die Software mit Sicherheit für den konkreten Fall maßgeschniedert. Es geht um eine Software, die in einem Parkhaus die elektronischen Parkbuchten steuert. Damit ist eine optimale Platznutzung möglich. Außerdem wird damit der Diebstahl von Fahrzeugen erschwert. Solche Software gibt es nicht auf der Stange.

Es handelt sich also um mit hoher Sicherheit um Auftragsarbeit. Da gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Entweder man zahlt anfangs einen bestimmten Betrag, der die Kosten des Anbieters deckt, und zahlt jährlich noch etwas für die Wartung und Weiterentwicklung drauf. (Im konkrten Fall dürfte die Wartung nicht so aufwändig, sprich teuer, sein.) Mit diesem "Kauf" geht die Software in das Eigentum des Käufers über. Sichert man sich vertraglich für den Fall der Insolvenz des Herstellers ab, sodass man dann auch den Quell-Code inkl. Dokumentation (die sollte man vorher mal ansehen) bekommt, ist man vergleichsweise gut geschützt. Das gleiche sollte gelten, wenn der Hersteller den Vertrag kündigt, sonst ist man schon recht erpressbar. Wenn man sich jetzt auch noch absichert, dass der Hersteller die Wartungskosten nur in einem bestimmten Fenster erhöhen kann, kann schon gar nicht mehr so viel passieren.
  • Oder man zahlt jährlich einen bestimmten Betrag an Lizenzkosten. Dann verbleibt die Software im Besitz des Herstellers und man erwirbt nur das zeitlich befristete Nutzungsrecht. Das scheint hier der Fall gewesen zu sein. Wenn man so existenziell auf die Software angewiesen ist, wie im konkreten fall, dann erscheint es jedoch abgrundtief unüberlegt nur die zeitlich befristete Nutzung zu erwerben. Man macht sich erpressbar und kann möglicherweise dicht machen. MEiner Ansicht nach eignet sich das Modell nur für Standard-Software von renomierten Herstellern richtig gut. Man muss das Vertrauen haben, dass es den Hersteller auch noch langfristig geben wird und dass er die Software nicht plötzlich aus dem Portfolio streicht, weil es seine Kosten nicht mehr deckt. Das ist uns tatsächlich schon mehrfach mit Standard-Software passiert. Glücklicherweise hatten wir für den Fall vereinbart, dass wir die Sourcen kaufen können. (Zu der Doku in den konkreten Fällen sage ich jetzt nichts…)

Die Gründe, warum sich Firmen trotzdem auf den Deal mit den Lizenzen einlassen, selbst wenn es um Maßanfertigungen geht, lieg in der höheren Mathematik der Manager: wenn ich jetzt 240 Kiloeuro für einen Kauf bezahle, dann habe ich in den kommenden 4 Jahren eine Abschreibung von 60 Kiloeuro Investitionen pro Jahr und nochmal 20 KiloEuro Kosten für die Wartung.
Wenn ich aber nur 50 Kiloeuro an Lizenzkosten inkl. Wartung bezahle, dann habe ich pro Jahr 20 Kiloeuro weniger ausgegeben. Und die kann ich komplett als Kosten deklarieren. Natürlich zahle ich nach ein paar Jahren drauf, aber daaan hat sich unsere Unternehmung ja schon so prächtig amortisiert, dass es der Firma dann nichts mehr ausmacht.
Sollte ich zu der Sorte Unternehmen gehören, die sehr knapp bei Kasse sind, dann habe ich möglicherweise gar nicht das Geld, um alles auf einmal zu bezahlen. Das gilt besonders bei öffentlichen Auftraggebern: Hier sind die Aufträge komischerweise immer furchtbar teuer und die Auftraggeber immer knapp be Kasse. Die daraus entstehende doppelte Kostenfalle liegt auf der Hand…

Details stehen in dem Artikel "Lizenzstreit: Parkhaus-Software sperrt Autos weg – Auch das noch!".

11. August 2006 um 21:39

Entlassungswelle bei TUI-InfoTec

Na klasse, gestern erst kommentierte ich die Klagen etlicher Unternehmen, dass es zu wenige IT-Fachkräfte gibt, damit, dass immer wieder Firmen hunderte Mitarbeiter in die Arbeitslosgkeit entlassen, und heute das: Entlassungswelle bei IT-Tochter des TUI-Konzerns.

Auch hier wird versucht den vorhandenen Bedarf billiger zu decken indem im Ausland produziert wird. In diesem Fall ist es Indien. Da die Abnehmer (die TUI-Reisebüros) keine Wahl haben, könnte es vordergründig sogar klappen. Leidtragend sind dann lediglich die Angestellten der Reisebüros, die ja nicht die Wahl haben, die Software nehmen müssen und mit den "flaws" leben müssen.
Nur zur Klarstellung: Ich bin überzeugt, dass die indischen Kollegen gute Arbeit leisten. Aber meiner Erfahrung nach gibt es in der Kommunikation der Anforderungen sehr große Hürden, wenn der Hersteller im Ausland (noch dazu mit anderem Kulturkreis) sitzt, so dass es zu nahezu unvermeidbaren Schwierigkeiten kommt.

Die Diskussion mit dem Betriebsrat geht vermutlich eher darum in welchen Stufen die Belegschaft abgebaut wird. Ich nehme an, dass die Mitarbeiter mit ausreichendem "Marktwert" sich derweil schon mal anderweitig bewerben. Ich würde jedenfalls nicht bei einem Arbeitgeber arbeiten wollen, dessen Management mir keine vernünftige Perpektive anbieten kann… 😉

10. August 2006 um 20:50

Vergesslichkeit der Manager

Die PC-Welt schreibt, dass Deutschland die IT-Spezialisten ausgehen. Das finde ich besonders bitter, weil ich schon etwas länger im Geschäft bin und seit Jahren die Fire-and-Hire-Wellen in unserer Branche verfolge. Tatsächlich ist es für eine IT-Fachkraft sehr schwer wieder eine Arbeit zu finden, wenn sie entweder schon mehr als 6 Monate arbeitslos war, über 40 ist oder nicht die ganz neuen Technlogien beherrscht.

Leider ist es so, dass in den letzten 10 Jahren viele Firmen am Weiterbildungsbudget gespart haben. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter nur genau die Schulungen bekommen, die sie benötigen. Das sind aber in der Regel die Techniken von gestern oder vorgestern. Eigenartigerweise verlangen genau die gleichen Firmen aber von Neueinstellungen, dass sie Kenntnisse oder besser Erfahrungen in den aktuellen Technologien haben. Man will ja frisches Know-How "einkaufen", quasi im voraus für die zukünftigen Projekte.

Meiner Erfahrung nach ist es jedoch viel wichtiger, dass die/der neue Kollegin/e gut ins Team passt und leistungsbereit ist. Bis der Mitarbeiter "normal produktiv" ist, dauert bei uns mindestens 6 Monate in denen er auf sehr vielen Schulungen ist. Zum Dank war die Fluktuation bei uns in der Vergangenheit sehr niedrig. Daher haben wir vergleichsweise "alte" Teams, die aber leistungsfähig und sehr gut qualifiziert sind.

Wenn jetzt eine Firma behauptet, es gäbe einen Fachkräftemangel. Dann schaue ich immer mal, wie viele arbeitslose (vermeintlich minderqualifizierte) ITler es gibt. Leider sind es immer öfter genau die Firmen, die vor 7 oder 8 Jahren mal eben Hunderte von IT-Fachkräften in die Arbeitslosigkeit schickten, die jetzt darüber klagen, dass der Markt "leer" ist. Genau diesen Firmen wünsche ich auch so lange einen Fachkräftemangel, bis sie bereit sind in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu "investieren".

8. August 2006 um 21:43

BenQ kürzt die Gehälter der Führungskräfte um 30%

Ich gebe es zu: Wenn ich bei TecChannel lese, dass BenQ die Gehälter der Führungskräfte um 30% kürzt, dann muss ich zuerst grinsen und denke, dass es da mal die richtigen trifft. Wen ich länger darüber nachdenke, dann erscheint mir das eher wie eine dilbert'sche Aktion:

  • Es steht nichts davon, dass die verantwortlichen Vorstände, die ja letztlich die Strategie festlegen, mit gutem Beispiel voran gehen.
  • Die guten Führungskräfte werden eine 30%ige Gehaltskürzung nicht hinnehmen und sich eine andere Stelle suchen. Übrig bleiben diejenigen, die keine andere Firma haben will.
  • Vielleicht haben sie es vergessen zu erwähnen, aber ich lese da nichts darüber wie die Strategie für die Zukunft aussieht. Wie soll die Firma zukünftig aufgestellt werden: Zielgruppe, Märkte, Produke.

Soll die Firma am Ende einfach nur abgewickelt werden? Aber warum sollte BENQ das tun, damit würde doch nur Geld verbrannt ohne nachhaltig mehr Marktanteile zu haben. Nun bin ich kein typischer Handy-Käufer, aber in einem anderen Bereich zeigen wir gerade Konsequenz: Wir kaufen demnächst viel Werkzeug (habe mich gerade für die Bosch-Handkreissäge GKS55CE entschieden) und ein paar Haushaltsgeräte (Herd und Waschmaschine): Wir werden in den nächsten Jahren sicher keine Haushaltsgeräte oder Werkzeuge von AEG anschaffen. Die sind in Franken gerade besonders billig, aber stehen wie Blei in den Lagern. Gut so!

31. Juli 2006 um 23:53

Eine grobe Fehleinschätzung

Jahrelang hörte man oft davon, dass bestimmte Dienstleistungen im Ausland eingekauft wurden: Software made in Indien oder Malaysia. Jetzt geht der Trend hin zu den östlichen europäischen Ländern. Nach meinen Erfahrungen gestaltet sich der Informationsaustausch in der Regel aber mehr als schwierig. Das Tchechen oder Polen immer entweder gut englisch oder deutsch sprechen, stimmt nach meiner Erfahrung überhaupt nicht. Am besten klappt unsere Zusammenarbeit noch mit den Italienern, aber die sind weder im Osten noch billiger als wir… 😉

Das im Osten auch nicht alles so gut und billig produziert werden kann, weiss ich seitdem mein Freund Michael auf dem Weg zu seinen tchechischen Kunden ab und an bei uns Station macht. Er leitet eine kleine deutsche Spritzguss-Firma (Familienbetrieb). Was die Kunden schätzen ist das gute Preis-/Leistungsverhältnis: Gute Qualität zu bezahlbaren Preisen.

Leider hört man viel zu wenig von Firmen, die im Ausland schlechte Erfahrungen gesammelt haben. Hier mal eine seltene Ausnahme: heute.de – Eine grobe Fehleinschätzung

26. Juli 2006 um 20:51

Deutsche Unternehmen vernachlässigen Datenschutz

Bei heise online steht, dass deutsche Unternehmen den Datenschutz vernachlässigen und Kundendaten unerlaubt für interne Anwendungstests einsetzen:

Der Befragung zufolge nutzen 64 % der Entscheidungsträger echte Kundendaten für Anwendungstests, was laut Bundesdatenschutzgesetz – Stichwort Zweckbindung – nicht erlaubt ist.

Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Es ist doch sehr einfach sich von den betreffenden Kunden das Einverständnis einzuholen seine Daten zum Testen nehmen zu dürfen (muss m.E. schriftlich sein, aber formlos genügt, darun muss eine Frist enthalten sein). In unserer Firma ist das ganz gängig. Die meisten Kunden sind damit einverstanden, etliche bieten es auch von sich aus an (nachdem ein Problem nur mit deren Datenkonstellation auftrat).
Allerdings können sie sich auch darauf verlassen, dass sie vertraulich behandelt werden… Um diese "Echtdaten" wird bei uns schon ein ganz schöner Wirbel veranstaltet: Sie dürfen nur in abgeschotteten Testnetzen installiert werden, die Rechner stehen in gesonderten Testräumen, Zutritt haben nur die eingetragenen Tester usw. 🙁