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Bedenkliches aus dem IT-Alltag

17. Oktober 2007 um 21:56

Fiese Lobbyisten

Habe gerade meine beiden Favoriten für die fiesesten Lobbyisten abgegeben.

Der ‘Worst EU Lobbying’ Award wird an Lobbyisten, Unternehmen oder Interessenverbände vergeben, die 2007 manipulative, irreführende oder andere problematische Lobbytaktiken verwendeten, um Entscheidungen der EU zu beeinflussen. In diesem Jahr wird ein zusätzlicher Preis in der Kategorie ‘Worst EU Greenwash’ vergeben, mit dem Firmen ausgezeichnet werden, deren Werbung, PR- und Lobbyrhetorik im Widerspruch zu den wahren Umweltauswirkungen ihres Kerngeschäfts steht.

Ich bin ja schon mal gespannt, wer gewinnt. Würdig wären ja fast alle, aber insbesondere bei "Worst Lobby" habe ich dennoch einen klaren Spitzenreiter. Ich verrate nicht wen, ich warte mal ab, ob andere auch so denken…

Hier geht es zur Abstimmung: Worst EU Lobbying Awards 2007. Man muss nur seine Mailadresse angeben und die Wahl mittels zugesandtem Link bestätigen.

17. Oktober 2007 um 19:33

Öffentliches Singen und das Urheberrecht

Solche Klagen, wie in dem Heise-Artikel "AG Köln: Öffentliches Singen ist keine Urheberrechtsverletzung", sind es die mich so richtig an das schlechte im Menschen glauben lassen. Wenn ein Urheberrechts- oder Patentgesetz es hergibt, dann klagt auch jemand dagegen. Und sei es noch so weit hergeholt…

Doch dieser Ansicht erteilte das Amtsgericht eine Abfuhr. Die Studenten, die die im Urteil genannten Lieder "Willkommen hier viel liebe Brüder", "Burschen heraus!", "Sind wir vereint zur guten Stunde", "Gaudeamus igitur", "Student sein", "Drei Klänge" sowie das Deutschlandlied sangen, verletzten dadurch kein Urheberrecht. Denn zwar geschah das Singen "öffentlich" im Sinne von § 19 Abs. 2 UrhG. Weiterhin verlange die Vorschrift jedoch eine Darbietung, andernfalls wäre diese Bezeichnung im Gesetz überflüssig. "Nicht alles, was öffentlich geschieht, ist aber deswegen zwangsläufig eine Darbietung", befand im konkreten Fall das Gericht. Vielmehr handele es sich hier "um ein eigenes, dem Werkgenuss dienendes Singen und Musizieren, das urheberrechtsfrei ist". Die anwesenden Gäste wären nicht "dazu eingeladen, den Gesängen der Burschenschafter zu lauschen". Nach Deutung des Gerichts war es den Gästen "zumindest freigestellt, sogar mitzusingen". Daran ändere auch das Klavierspiel nichts, denn dieses sei als bloße Begleitung zu beurteilen, "die den Zweck gehabt haben mag, den Gesang zu stützen oder die Feierlichkeit des Geschehens zu unterstreichen."

Und vor allem: Wer hat denn da bitte geklagt? Aus verschiedenen Gründen kann ich da nur mit dem Kopf schütteln:

  • Die genannten Lieder sind alle steinalt. Die dürften alle aus 18-Hundert +x stammen. Ein paar habe ich mal nachgegooglet: 1819, 1844, 1826 etc. Die Autoren sind teilweise unbekannt oder jedenfalls schon mehr als 90 Jahre tot. Sogar das Copyright sollte damit schon lange erloschen sein.
  • Die meisten Lieder wurden offenbar von Burschenschaftler geschrieben. Und alle wurden gedichtet, damit sie zusammen im Kreise der Studenten gesungen werden.
  • Die Leider wurden vermutlich aus dem "Kommersbuch" abgesungen. Also ein Liederbuch, dass eigens dazu verkauft wird, damit Leute in großer Runde daraus singen. Das wäre ja so, als ob die Kirche klagt wenn jemand aus dem Gesangbuch singt. Wenn also jemand ein Urheberrecht auf die Lieder hätte, dann hätte er mit dem Einverständnis es in einem Liederbuch abzudrucken, meines Erachtens auch zugestimmt, dass sie gesungen werden. Wozu sollte ein Liederbuch sonst gut sein?
  • Von diesen Liedern gibt es massenweise legale Kopien im Internet. Weil ja das Copyright schon erloschen ist, z.B. bei wikisource.org.
  • Wenn Leute auf einem großen Fest (wann ist so ein Fest nicht öffentlich?) gemeinsam singen, kann doch nicht ernsthaft jemand das verbieten wollen, oder?

Das schlimme ist ja, dass hier die Rechtslage nicht so eindeutig war, dass diese Klage sogar zugelassen wurde! Die Burschen hatten möglicherweise ein hinreichendes finanzielles Polster, aber jeder normale Mensch hätte doch alleine wegen der vermutlich anfallenden Prozesskosten klein beigeben müssen. Deswegen: gut gemacht, Jungs. Burschen heraus!

Update: Hier steht das Urteil 137 C 293/07 vom Amtsgericht Köln im Original.

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